Zur Geschichte der Architekturfotografie
Als der Zuckerfabrikant und leidenschaftliche Tüftler Nicéphore Niépce im Sommer des Jahres 1826 das Fenster seines Arbeitszimmers öffnete, eine Camera obscura auf die davor liegende Szenerie richtete, auf die Scheune, das Tauben- und das Backhaus, um sodann eine 17 × 21 cm große, asphaltbeschichtete Fläche acht Stunden lang zu belichten und anschließend in Lavendelöl zu entwickeln, schuf er eine Ikone sowohl der Kunst- als auch der Technikgeschichte.
Heliographie nannte Niépce die von ihm entwickelte Technik (von griechisch helios = Sonne, graphein = zeichnen). Das so entstandene Bild gilt als die erste dauerhaft fixierte Fotografie und ist bis heute erhalten. Zugleich entstand damit an jenem Tag in Gras bei Chalon-sur-Saône auch die erste fotografische Architekturdarstellung. Die beiden künstlerischen Ausdrucksformen sind von der Geburtsstunde der Fotografie an eng miteinander verbunden. Gleich hier zu Beginn deutet sich aber schon eine besondere Eigenart der Architekturfotografie an: der Betrachter, der Rezipient von Architekturfotografie hat es mit zwei Wahrnehmungsebenen zu tun, der abzubildenden Architektur und der abbildenden Fotografie. Es gilt, die dienende Funktion der Architekturfotografie (gegenüber der Architektur und gegenüber dem Auftraggeber) mit den der Fotografie allgemein zur Verfügung stehenden ästhetischen und manipulativen Möglichkeiten auszutarieren.